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Geowizard
„Geocacher erreicht 10.000 Funde – weil er „punktemäßig nicht mehr zurück konnte“
Berlin – Was als entspannter Ausflug in die Natur begann, hat sich mittlerweile zu einem Wettlauf um Punkte und Status entwickelt. Geocaching, das Spiel, bei dem Menschen mit GPS-Geräten versteckte Schätze suchen, ist längst kein Hobby mehr – es ist eine internationale Jagd nach dem goldenen Punkt. So auch bei Stefan „GeoKing“ Meier, der kürzlich mit seinem 10.000. Fund zum Geocaching-Guru gekrönt wurde. Doch was auf den ersten Blick nach einer triumphalen Leistung aussieht, entpuppt sich schnell als tragisches Drama eines Mannes, der nicht mehr wusste, wann genug genug war.
„Ich musste einfach weiter. Die Punkte. Die Punkte…“
„Ich wusste irgendwann einfach nicht mehr, warum ich das mache“, erklärt Stefan mit glasigem Blick. „Aber als ich die 9.998 erreichte, konnte ich nicht aufhören. Ich musste die 10.000 schaffen. Es war ein Zwang. Und dann, beim 10.000. Fund – einem unscheinbaren Mikrocache an einem stillgelegten Masten in der Pampa – fühlte ich endlich, dass mein Leben einen Sinn hatte. Mein Herz schlug schneller. Die Punkte waren der wahre Schatz. Und sie waren endlich da.“
Was mit harmlosen Spaziergängen durch den Wald begann, hat sich zu einem regelrechten Wettkampf entwickelt. Tausende von Geocachern weltweit streben nicht mehr nach dem Erlebnis, sondern nach der nächsten Zahl hinter ihrem Profil. „Heute noch 20 Caches! Morgen dann die 5000 Punkte!“ – die Geocaching-Community lebt und atmet mittlerweile in Punkten und Koordinaten. Doch, wie Stefan zugibt, „die Geocacher-Idylle“ hat wenig mit den Anfängen des Spiels gemein.
„Es ging nur noch ums Sammeln“
Inzwischen sind die meisten Cacher nicht mehr an den Caches interessiert. Es geht nicht um die versteckte Tupperdose in einem Baumstamm oder das „Logbuch“, das von Dutzenden anderen Geocachern in letzter Minute unterschrieben wurde. „Das ist alles Zeitverschwendung“, erklärt Max, ein weiterer passionierter Punktesammler, der in den letzten sechs Monaten keine „richtigen“ Caches mehr besucht hat. „Ich will nur noch die schnellen Runden. Die mit den meisten Punkten.“
Der Trend ist eindeutig: Cacher suchen nicht mehr nach Abenteuer, sondern nach Effizienz. Der wahre Schatz ist nicht die Dose, sondern die Punkte, die sie ihnen verschaffen. Und so entstehen immer mehr „Highscore-Geocaching-Touren“.
„Am Anfang hatte ich noch Spaß daran, etwas zu finden, was andere vorher nicht gesehen haben. Aber nach dem 200. Cache war das nicht mehr genug. Dann ging es nur noch darum, möglichst schnell möglichst viele Dosen abzuklappern und am Ende des Monats die höchste Punktzahl zu haben“, erklärt Max. „Ich habe mittlerweile mehr Punkte als die gesamte Geocaching-Welt vor 10 Jahren, aber was habe ich davon? Eine Sammlung von blauen und grünen Symbolen und ein Haufen leere Tupperdosen in meinem Rucksack.“
„Klar, das geht auch viel einfacher“
Eine besonders raffinierte Geocacher-Technik hat sich mittlerweile etabliert: das sogenannte „Cache-Hopping“. Hierbei geht es darum, sich auf die beliebtesten Caches zu konzentrieren, die bereits von tausenden anderen Caches besucht wurden. Diese Caches sind meist perfekt versteckt, aber die Koordinaten und die „zu findende Dose“ sind so beliebt, dass jeder Cacher sie sofort finden kann.
„Das ist wie ein Cheat-Code“, erklärt Julian, der seit seiner „Cache-Explosion“ im Jahr 2023, als er innerhalb eines Monats 500 Caches fand, nur noch die am besten bewerteten Caches besucht. „Ich gehe einfach auf die Seite, sehe mir an, welche Dosen viele Punkte bringen, und gehe dann hin. Aber ich werde nicht mehr in den Wald gehen, wenn nicht mindestens 50 Punkte auf mich warten.“
„Sondereditionen sind jetzt die einzig wahren Caches“
Natürlich gibt es auch immer wieder die sogenannten „Geocaching-Specials“. Manchmal kommen die Cacher nicht mal mehr selbst auf die Idee, Caches zu verstecken, sondern lassen sich von sogenannten „Challenge-Caches“ inspirieren. Diese Dosen vergeben statt ein paar Punkte gleich Dutzende, wenn nicht Hunderte, und fordern den Cacher dazu auf, möglichst viele andere Caches zu finden, die vorher von anderen geloggt wurden. Doch was auch immer die Herausforderung sein mag, das Ergebnis bleibt immer dasselbe: Jeder Fund bleibt dabei auf genau einem Punkt.
„Das Beste ist, wenn du irgendwo ankommst und merkst, dass es nur noch darum geht, dich in einer Liste von 1.000 anderen Geocachern zu platzieren, die gerade dieselbe Challenge machen“, sagt Julian mit einem schiefen Grinsen. „Da geht es nicht mehr um das Erlebnis, da geht es nur noch um den Status. Die Leute denken, du bist der beste Geocacher der Welt – aber am Ende weiß keiner mehr, was der wahre Spaß war.“
„Geocaching als Lifestyle“
Die Suche nach dem Punkt hat die Geocaching-Community längst verändert. Heute ist es nicht mehr der Fund, der gefeiert wird, sondern der schnelle Punkt. Und wer die meisten Punkte hat, ist der wahre Geocacher. „Das Cachen hat sich von einem Hobby zu einem Lifestyle entwickelt. Aber nicht einem, bei dem du wirklich in der Natur bist – sondern einem, bei dem du die Natur nur noch für die Punkte besuchst“, erklärt Stefan, der sich als „Geocaching-Legende“ fühlt.
„Ich bin der König der Punkte. Aber manchmal frage ich mich, was ich in all den Jahren wirklich gefunden habe. Abgesehen von den Dosen…“
Und genau das ist das Problem: Niemand erinnert sich mehr an die Caches, nur an die Punkte. Und so geht es weiter – eine endlose Jagd nach Zahlen und Symbolen, die irgendwann niemand mehr hinterfragt.
Berlin – Was als entspannter Ausflug in die Natur begann, hat sich mittlerweile zu einem Wettlauf um Punkte und Status entwickelt. Geocaching, das Spiel, bei dem Menschen mit GPS-Geräten versteckte Schätze suchen, ist längst kein Hobby mehr – es ist eine internationale Jagd nach dem goldenen Punkt. So auch bei Stefan „GeoKing“ Meier, der kürzlich mit seinem 10.000. Fund zum Geocaching-Guru gekrönt wurde. Doch was auf den ersten Blick nach einer triumphalen Leistung aussieht, entpuppt sich schnell als tragisches Drama eines Mannes, der nicht mehr wusste, wann genug genug war.
„Ich musste einfach weiter. Die Punkte. Die Punkte…“
„Ich wusste irgendwann einfach nicht mehr, warum ich das mache“, erklärt Stefan mit glasigem Blick. „Aber als ich die 9.998 erreichte, konnte ich nicht aufhören. Ich musste die 10.000 schaffen. Es war ein Zwang. Und dann, beim 10.000. Fund – einem unscheinbaren Mikrocache an einem stillgelegten Masten in der Pampa – fühlte ich endlich, dass mein Leben einen Sinn hatte. Mein Herz schlug schneller. Die Punkte waren der wahre Schatz. Und sie waren endlich da.“
Was mit harmlosen Spaziergängen durch den Wald begann, hat sich zu einem regelrechten Wettkampf entwickelt. Tausende von Geocachern weltweit streben nicht mehr nach dem Erlebnis, sondern nach der nächsten Zahl hinter ihrem Profil. „Heute noch 20 Caches! Morgen dann die 5000 Punkte!“ – die Geocaching-Community lebt und atmet mittlerweile in Punkten und Koordinaten. Doch, wie Stefan zugibt, „die Geocacher-Idylle“ hat wenig mit den Anfängen des Spiels gemein.
„Es ging nur noch ums Sammeln“
Inzwischen sind die meisten Cacher nicht mehr an den Caches interessiert. Es geht nicht um die versteckte Tupperdose in einem Baumstamm oder das „Logbuch“, das von Dutzenden anderen Geocachern in letzter Minute unterschrieben wurde. „Das ist alles Zeitverschwendung“, erklärt Max, ein weiterer passionierter Punktesammler, der in den letzten sechs Monaten keine „richtigen“ Caches mehr besucht hat. „Ich will nur noch die schnellen Runden. Die mit den meisten Punkten.“
Der Trend ist eindeutig: Cacher suchen nicht mehr nach Abenteuer, sondern nach Effizienz. Der wahre Schatz ist nicht die Dose, sondern die Punkte, die sie ihnen verschaffen. Und so entstehen immer mehr „Highscore-Geocaching-Touren“.
„Am Anfang hatte ich noch Spaß daran, etwas zu finden, was andere vorher nicht gesehen haben. Aber nach dem 200. Cache war das nicht mehr genug. Dann ging es nur noch darum, möglichst schnell möglichst viele Dosen abzuklappern und am Ende des Monats die höchste Punktzahl zu haben“, erklärt Max. „Ich habe mittlerweile mehr Punkte als die gesamte Geocaching-Welt vor 10 Jahren, aber was habe ich davon? Eine Sammlung von blauen und grünen Symbolen und ein Haufen leere Tupperdosen in meinem Rucksack.“
„Klar, das geht auch viel einfacher“
Eine besonders raffinierte Geocacher-Technik hat sich mittlerweile etabliert: das sogenannte „Cache-Hopping“. Hierbei geht es darum, sich auf die beliebtesten Caches zu konzentrieren, die bereits von tausenden anderen Caches besucht wurden. Diese Caches sind meist perfekt versteckt, aber die Koordinaten und die „zu findende Dose“ sind so beliebt, dass jeder Cacher sie sofort finden kann.
„Das ist wie ein Cheat-Code“, erklärt Julian, der seit seiner „Cache-Explosion“ im Jahr 2023, als er innerhalb eines Monats 500 Caches fand, nur noch die am besten bewerteten Caches besucht. „Ich gehe einfach auf die Seite, sehe mir an, welche Dosen viele Punkte bringen, und gehe dann hin. Aber ich werde nicht mehr in den Wald gehen, wenn nicht mindestens 50 Punkte auf mich warten.“
„Sondereditionen sind jetzt die einzig wahren Caches“
Natürlich gibt es auch immer wieder die sogenannten „Geocaching-Specials“. Manchmal kommen die Cacher nicht mal mehr selbst auf die Idee, Caches zu verstecken, sondern lassen sich von sogenannten „Challenge-Caches“ inspirieren. Diese Dosen vergeben statt ein paar Punkte gleich Dutzende, wenn nicht Hunderte, und fordern den Cacher dazu auf, möglichst viele andere Caches zu finden, die vorher von anderen geloggt wurden. Doch was auch immer die Herausforderung sein mag, das Ergebnis bleibt immer dasselbe: Jeder Fund bleibt dabei auf genau einem Punkt.
„Das Beste ist, wenn du irgendwo ankommst und merkst, dass es nur noch darum geht, dich in einer Liste von 1.000 anderen Geocachern zu platzieren, die gerade dieselbe Challenge machen“, sagt Julian mit einem schiefen Grinsen. „Da geht es nicht mehr um das Erlebnis, da geht es nur noch um den Status. Die Leute denken, du bist der beste Geocacher der Welt – aber am Ende weiß keiner mehr, was der wahre Spaß war.“
„Geocaching als Lifestyle“
Die Suche nach dem Punkt hat die Geocaching-Community längst verändert. Heute ist es nicht mehr der Fund, der gefeiert wird, sondern der schnelle Punkt. Und wer die meisten Punkte hat, ist der wahre Geocacher. „Das Cachen hat sich von einem Hobby zu einem Lifestyle entwickelt. Aber nicht einem, bei dem du wirklich in der Natur bist – sondern einem, bei dem du die Natur nur noch für die Punkte besuchst“, erklärt Stefan, der sich als „Geocaching-Legende“ fühlt.
„Ich bin der König der Punkte. Aber manchmal frage ich mich, was ich in all den Jahren wirklich gefunden habe. Abgesehen von den Dosen…“
Und genau das ist das Problem: Niemand erinnert sich mehr an die Caches, nur an die Punkte. Und so geht es weiter – eine endlose Jagd nach Zahlen und Symbolen, die irgendwann niemand mehr hinterfragt.