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Staatsgrenze Arizona am 37. Breitengrad

geometer42

Geomaster
Wahrscheinlich nicht. Die Abweichung von der Staatsgrenze beträgt etwa 100 m, dein GPS ist wesentlich genauer.

Die Staatsgrenzen sind einfach viel älter als das WGS84-Koordinatensystem, in dem dein GPS positioniert. Sie wurde in einem damals sehr ungenau realisierten Koordinatensystem bestimmt, das nicht genau mit dem WGS84 überein stimmt. Aus dem gleichen Grund verläuft der Nullmeridian des WGS84 ca. 200m am Observatorium in Greenwich vorbei.
 

Wallraff

Geocacher
Hallo Christian (?)

Nimm das Nachfolgende ja nicht persönlich, ich schreib' mir hier den Frust der Woche vom Leib. Und ich hatte mich nicht als Erster zu antworten getraut, umso besser kann ich jetzt auf Deine Antwort draufhalten

Sie wurde in einem damals sehr ungenau realisierten Koordinatensystem bestimmt
Ich glaube nicht, dass es besonders ungenau realisiert wurde. Weiß Einer wann und wie ? Der Grund des "Lagefehlers" heißt "Datumsübergang", und der hätte die Größe 100 m auch bei besonders genau festgelegten Grenzkoordinaten.

Ich antworte aber vor allem, weil ich über den Vergleich
Aus dem gleichen Grund verläuft der Nullmeridian des WGS84 ca. 200m am Observatorium in Greenwich vorbei.
zum Nachdenken kam und mich insofern für die Antwort sogar besonders aber ungern :wink: bedanken muss.

Mal laut gedacht: der Greenwicher Nullmeridian würde auch bei unveränderten Bezugssystemen daneben liegen.
1. Grund: die Verlagerung der Observationen von Greenwich nach Herstmonceux in den 50er Jahren.
2. Grund : die Internationalisierung des Zeitdienstes und damit die Aufgabe des Greenwicher Bezugsmeridians.

Dazu gab es schonmal was hier im Forum
http://www.geoclub.de/viewtopic.php?t=7182
Dort einige Links anklicken.

Jetzt müsste man noch Abschätzen können, was der Unterschied von astronomischem Meridian (senkrecht zum Geoid) und geodätischem Meridian (senkrecht zum Ellipsoid) ausmacht ...

Und welches Bezugsellipsoid hatten die Briten so 1880, 1884, bei der Einführung von GMT ?

(War's sehr schlimm :D )

Grüße Wallraff
 

geometer42

Geomaster
War nicht schlimm, ganz im Gegenteil: Schön, dass jemand sich die Mühe macht, meine - zugegeben - etwas schlampige Erklärung zu kritisieren. Es dient schließlich der Wahrheitsfindung. :)

Erstmal eine Richtigstellung: Die Abweichung in Greenwich beträgt tatsächlich ca. 100 m und nicht 200. (ich hatte es mal nachgemessen, aber falsch in Erinnerung).

Meine Kernaussage sollte sein: Wir messen nicht im selben Koordinatensystem wie die damaligen Staatsgrenzenabstecker. Das ist der Grund für die Abweichung.

Ein Grund für die Verschiedenheit der Systeme ist sicherlich, dass man damals keine Möglichkeit hatte, ein geozentrisches Koordinatensystem mit hoher Genauigkeit zu realisieren, wie das z.B. mit GPS aufgrund der erdweit verteilten Kontrollstationen möglich ist.

Da ich die Vermessungshistorie der USA nicht kenne, kann ich nur vermuten, dass man das Ellipsoid ähnlich wie bei uns in einem Fundamentalpunkt gelagert hat, indem man die Lotabweichungen zu Null setzte (Richtung des Schwerevektors=Ellipsoidnormale). Damit bekommt man jedenfalls ein System, dessen Ursprung nicht im Massenzentrum der Erde liegt.

Auf diese Weise entstanden eine Menge unterschiedlicher Koordinatensysteme: in jedem Land, das sich die Mühe machte, ein eigenes. Erst mit den heutigen Mitteln hat man die Möglichkeit, die Systeme miteinander zu vergleichen und stellt natürlich fest, dass deren Ursprünge und Achsrichtungen und damit auch ihre Nullmeridiane von einander abweichen.

Das (nach heutiger Genauigkeit) geozentrische WGS84 kann also mit keinem der alten Systeme exakt übereinstimmen. Warum man es so gedreht hat, dass sein Nullmeridian nicht durch das Observatorium geht, weiß ich nicht und es interessiert mich auch nicht. Viel wichtiger finde ich die Erkenntnis, dass man Koordinaten in den alten Systemen (z.B. trigonometrische Punkte im Deutschen Hauptdreiecksnetz, ältere Ausgaben TOP50) nicht mit GPS-Messungen vergleichen kann.

Noch ein paar Anmerkungen zu deinen Aussagen:

Wallraff schrieb:
Der Grund des "Lagefehlers" heißt "Datumsübergang", und der hätte die Größe 100 m auch bei besonders genau festgelegten Grenzkoordinaten.
Ich halte den Begriff "geodätisches Datum" für sehr unglücklich und vermeide ihn nach Möglichkeit. Er stammt aus einer Zeit, als den Leuten noch nicht so richtig klar war, dass sie eigentlich ein Koordinatensystem definieren möchten. Ein Datumsübergang ist nichts anderes als eine Koordinatentransformation, hört sich nur geheimnisvoller an.

Wallraff schrieb:
Mal laut gedacht: der Greenwicher Nullmeridian würde auch bei unveränderten Bezugssystemen daneben liegen.
Das ist ein Widerspruch in sich: Wenn 2 Bezugsysteme gleich sind (gleicher Ursprung, gleiche Achsrichtungen, gleiche Ellipsoiddimensionen), dann müssen auch die Nullmeridiane gleich sein.
Wallraff schrieb:
Jetzt müsste man noch Abschätzen können, was der Unterschied von astronomischem Meridian (senkrecht zum Geoid) und geodätischem Meridian (senkrecht zum Ellipsoid) ausmacht ...
Du meinst wahrscheinlich den Winkel zwischen Lotrichtung und Ellipsoidnormale. Das nennt man Lotabweichung und berücksichtigt es schon seit Gauß in der Landesvermessung. Ich vermute also, dass auch die Staatsgrenzen in den USA sich auf ellipsoidische Koordinaten beziehen und nicht auf astronomische.

Noch Einwände? Bin gespannt. :D

Viele Grüße
Christian
 

Wallraff

Geocacher
Tja, das hat Dich wohl nicht schlafen lassen ...

Jetzt müßte man herausfinden, wann die Grenzen Arizonas (und der anderen Staaten) festgelegt wurden. 1866 waren die Grundlagen das Clarke-Ellipsoid und der Bezugspunkt Meades Ranch
http://en.wikipedia.org/wiki/Datum
Aber Amerika hatte irgendwann irgendwo auch mal ein Walbeck-Ellipsoid !
(vermutlich an der Ostküste )

Zu Greenwich:
Ja, Lotrichtung und Ellipsoidnormale wollte ich sagen.
(Oder doch die Ebenen ?? *grübel*)
Ich meinte bzgl. des Greenwich-Meridians und der Abweichung vor allem folgendes. Auch wenn hypothetisch 1880-84 bei Greenwich schon das WGS84/GRS80-Ellipsoid zugrunde gelegen hätte, Abweichungen wären durch das Aufgeben des materiellen Meridians zwangsläufig erfolgt. Man konnte die Länge nur auf 10-20m genau nach Herstmonceux übertragen.

Ja und dann führte man das Mittel der Zeitmessungen vieler Stationen als maßgebend ein. Da habe ich mich nochmal gegeißelt und versucht, eine Genauigkeitsabschätzung hinzukriegen.
1 sec entspricht wohl 463 m. Die Streuung bei den Zeitvergleichen wird doch bei 10 -9 liegen. Ok, Schwamm drüber.


Grüße Roland
 

Wallraff

Geocacher
Wenn's den Fagesteller auch nichtmehr interessiert - ich fand einen ganz witzigen
Link zur Entstehung der Staatsgrenzen
Danach wären die Staatsgrenzen von Arizona zwischen 1850-63 entstanden (wenn ich schnell genug und richtig geschaut habe.)

Und da war das Clarke-Ellipsoid noch nicht amtlich.
Evtl. war es trotzdem schon in Gebrauch ?

Grüße Wallraff
 

Wallraff

Geocacher
Hallo,

es kann ganz reizvoll sein, dem Datumsbezug näher zu kommen (ist glaube nicht dasselbe, wie einen Date kriegen ?)
Gelöst hab' ich's nicht. Dazu müsste man wissen, wann das Schild in Bezug zu welchen 37° aufgestellt wurde. Aber einen Link zur Vermessung der USA gibt es, mit dem Hinweis, dass die auch mal das Bessel-Ellipsoid hatten
http://www.ngs.noaa.gov/PUBS_LIB/geodetic_survey_1807.html
Etwas zur Geographie
http://en.wikipedia.org/wiki/Arizona_Territory
Und mit Impertinenz habe ich noch folgende Infos bekommen
The original, complete survey of Arizona Territory was performed in 1855 by Major W. H. Emory; previous to the Gadsen Purchase of 1853 the southern boundary of Arizona was defined by the Gila River. The other borders (with our neighboring states) seem to have been determined at different times as need arouse.
Wenn ich mal wieder nicht schlafen kann, werde ich weiter suchen ...

Wallraff
 
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